Haushaltsplan 2024

Rede zum Haushaltsplan 2024

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Sehr geehrte Ratsmitglieder, Sehr geehrte Besucher,

Milton Friedman sagte einmal: „Vor Schulden, die man gemacht hat, auch Staatsschulden,
kann man nur eine Zeitlang davonlaufen, eingeholt wird man schließlich doch.“

Die Haushaltslage in Wiesloch ist dramatisch. Das kann man nicht beschönigen. Überraschend ist das allerdings auch nicht,
denn es war eigentlich schon länger klar, dass es nicht bei der vor drei oder vier Jahren angenommenen
„Bugwelle der Investitionen“ bleiben würde. Es war auch klar, dass jede Veränderung des Zinssatzes nach
oben dramatische Folgen haben würde. Wir hatten keinen Plan B. Umso unverständlicher ist es, dass wird
immer wieder Diskussionen über Gewerbeansiedlungen geführt haben – hier seien nur REWE, HDM und EnBW genannt.

Es gibt zwei Ursachen für die mehr als angespannte Haushaltslage:
1.) Mangelndes Maßhalten in der Vergangenheit. Überambitionierte Großprojekte und Geldausgaben mit der Gießkanne
(z.B. Öffnung es Freibads unter Corona-Bedingungen) hatten ein nicht generationengerechtes Wirtschaften zur Folge.
Die Gemeinde Wiesloch hat das Geld ihrer Kinder und Enkelkinder ausgegeben.

2.) Immer mehr Vorgaben aus Europa-, Bundes- und Landespolitik stellen immer größere Anforderungen an die Verwaltung.
Dies führt zu einem höheren Personalbedarf. Ferner tätigen Bundes- und Landespolitik Zusagen, die zu Lasten der Kommunen gehen,
ohne diese gegen zu finanzieren. Diesen gestiegenen Kosten steht jedoch kein Mehrwert für den Bürger entgegen.

Die aktuelle Finanzkrise der Kommune ist also zum Teil hausgemacht und zum Teil fremd verschuldet. Was können wir tun?

Diese existenzielle Krise können wir nur durch nachhaltiges Handeln lösen. Dies wird nur mit einer ganzheitlichen Sicht auf die Herausforderungen der Kommune gelingen.

Nachhaltigkeit hat drei Säulen: eine ökologische, eine ökonomische und eine soziale. Diese Säulen sind gleichgewichtet und gleichrangig.
Die ökologische Nachhaltigkeit fordert dazu auf, die Umwelt einschließlich der natürlichen Ressourcen zu schonen und so mit ihr umzugehen,
dass nachfolgende Generationen ebenso großen Nutzen davon haben, wie die aktuelle Gesellschaft. Hierzu haben wir ein ambitioniertes
Klimaschutzkonzept verabschiedet. Die soziale Nachhaltigkeit stellt den Menschen und die ausgewogene Entwicklung des Gemeinwesens
in den Mittelpunkt. Es um ein gemeinwohlorientiertes Handeln. Dazu gehören Bildung, Arbeit und bezahlbarer Wohnraum und Teilhabe.
Das muss ein Schwerpunkt jedweder demokratischer Politik sein. Die ökonomische Nachhaltigkeit fordert ein gutes Wirtschaften.
Auf Kommunen bezogen bedeutet ökonomische Nachhaltigkeit, die Schulden so gering zu halten, dass ein souveränes Agieren möglich ist und
die Aufgaben in Bezug auf soziale und ökologische Nachhaltigkeit wahrgenommen werden können. Die Generationengerechtigkeit muss gewahrt werden.
Wir müssen Ausgaben auf das Notwendigste reduzieren. Dazu gehört aber vor allem dann auch, dass wir den Mut haben, Bürgern auch unangenehme
Dinge zu sagen und unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Unser politisches und wirtschaftliches Handeln muss sich künftig auf die Kernaufgaben der
Daseinsfürsorge beschränken. Wir müssen und klar auf unsere Strategie fokussieren, die Steuereinnahmen durch Ansiedlung von neuen
Gewerben und Halten bzw. Ausbauen bestehender Gewerbe zu steigern. Wir müssen Rahmenbedingungen für eine lokale und konkurrenzfähige
Wirtschaft aufbauen. Dazu gehört die Ausweisung von Gewerbegebieten. Aber wir müssen auch verstärkt Service- und Beratungsdienstleistungen
anbieten, z.B. in Form eines kommunalen Gründerzentrums. Dies kann und muss für die Kommune kostenneutral gehalten werden.
Dazu gehört aber auch, dass wir die Gewerbesteuer nicht erhöhen!

Ebenso haben wir beschlossen, den Anteil an der Einkommenssteuer durch Neubürger zu steigern. Unser politisches Handeln muss sich
ganz klar an diesen Zielen ausrichten. Diskussionen wie die über die Verwertung der Gerbersruhschule dürfen wir einfach nicht mehr führen.
Stattdessen müssen wir konsequent Leerstand und Baulücken identifizieren und unser Möglichstes tun, um diese zu bewirtschaften – idealerweise mit
Nachverdichtungsprojekten. Eine ausschließlich Fokussierung auf die ökologische Seite kann ökonomische und soziale Probleme mit sich bringen.
Besonders beim Ausbau der Fernwärme müssen wir auf die Wirtschaftlichkeit achten. Die in diesem Haushalt zu Grunde gelegten Zahlen für die
Fernwärme können wir in dieser Form nicht akzeptieren. Wir fordern, dass zunächst entlang der vorhandenen Leitungen ausgebaut wird und auf
diese Art das Defizit minimiert bzw. Profit erwirtschaftet wird. Vor dem Hintergrund der aktuellen Haushaltslage muss auch der beschlossenen
Ausbau auf Wirtschaftlichkeit geprüft werden.

Dies zeigt, dass wir die aktuellen Herausforderungen vernetzt betrachten müssen. So dürfen wir auch die Grundsteuer nicht erhöhen, denn die
selbstgenutzte Wohnimmobilie ist der beste Schutz gegen Altersarmut. Das Versprechen, dass die Grundsteuerreform aufkommensneutral bleibt,
muss gehalten werden, außer dort, wo wir sie als Steuerungsinstrument einsetzen.

Die Stadt Wiesloch und die Verwaltung erbringen für Bürger Dienstleistungen. In den meisten Bereichen ist die Qualität
dieser Dienstleistungen hoch. Für diese Dienstleistungen müssen künftig angemessene und kostendeckende Gebühren verlangt werden.
Wir können uns eine Subventionierung künftig nicht mehr leisten.

Gleichzeitig müssen wir uns aber auch die Frage stellen, wie effektiv wir als Verwaltung arbeiten. Wir müssen konsequenten an einer effektiven und
effizienten Gestaltung der Wertschöpfungskette arbeiten. Wir müssen klare Prioritäten setzen und entscheiden, welche Dinge wir mit welchem
Aufwand betreiben. Wir müssen alle Prozesse in der Verwaltung in Hinblick auf Optimierungspotenzial untersuchen. Wir müssen mehr mit
weniger leisten, ohne Mitarbeiter der Verwaltung durch zu hohe Arbeitsbelastung zu überfordern. Auch müssen wir mit höchster Priorität prüfen,
ob Synergien durch Zusammenlegung verschiedener Bereiche erreicht werden können. Dabei darf auch Personalabbau kein Tabu sein.
Die Tatsache, dass wir wiederholt einen sehr geringen Grad von Umsetzung der im letzten Haushalt geplanten Maßnahmen erleben, zeigt dass wir einen deutlichen Bedarf an Überprüfung der Prozesse in der Verwaltung haben.

Wir müssen ebenfalls überprüfen, welche Assets die Stadt hat, die wir veräußern können. Dabei geht es um Immobilien, Liegenschaften und Betriebe. Wir müssen Desinvestitionen und Privatisierungsmöglichkeiten prüfen. Dabei darf es keine Tabus geben.

Vor uns liegen harte Zeiten. Wir werden als Gremium in Zukunft auch viele unangenehme Entscheidungen treffen müssen. Ich hoffe, dass wir als Gremium den Mut dazu haben. Wir werden uns dazu disziplinieren müssen, streng nach strategischen Kriterien zu entscheiden. Damit werden wir in der Öffentlichkeit auch für Unmut sorgen. Aber wir können es schaffen. Wir müssen es schaffen. Denn jetzt entscheiden wir über die Zukunft unser Kinder und Enkelkinder.

Prof. Dr. Thorsten Krings

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